Prüfung der Winkeltoleranzen bei Bestandsestrichkonstruktionen

Sorgfalts- und Prüfungspflichten des Auftragnehmers
 
Bausoll
Die zulässigen Maßabweichungen nach DIN 18 202 sind einzuhalten, wenn dies als Bausoll für die Ausführung vereinbart worden ist. Die Frage nach dem vereinbarten Bausoll stellt eine Rechtsfrage dar, die aus rechtlicher Sicht zu klären ist. Die nachfolgenden Ausführungen nur aus technischer Sicht.
 
Bei Neubauten muss die Ausführung in der Regel den Maßhaltigkeitsanforderungen nach DIN 18 202 genügen. Bei Bestandsbauten können zum Zeitpunkt deren Neuerstellung andere Regelwerke bzw. andere Anforderungen gegolten haben, als nach DIN 18 202 heute. Bei Baumaßnahmen im Bestand ist daher im Einzelfall festzulegen, ob die Ausführung den heute geltenden Regelwerken entsprechen muss oder ob der Bestand belassen und mit möglichen Abweichungen von den heute geltenden technischen Regelwerken als weitere Grundlage verwendet werden soll.
 
Bei der Ausführung von Arbeiten auf der Grundlage der VOB/C (als Bausoll) wird die DIN 18 202 aufgrund eines entsprechenden Verweises in den ATVen der VOB/C häufig ebenfalls Bestandteil, so z. B. für Bodenbelagarbeiten nach VOB/C ATV DIN 18 365: 2006-10, Abschnitt 3.2 und für Parkettarbeiten nach VOB/C ATV DIN 18 356: 2006-10, Abschnitt 3.1.2. Danach sind Abweichungen von vorgeschriebenen Maßen in den durch DIN 18 202 bestimmten Grenzen zulässig.

Nach VOB/C ATV DIN 18 365: 2006-10 und nach VOB/C ATV DIN 18 356: 2006-10 hat der Unternehmer bei seiner Prüfung Bedenken insbesondere geltend zu machen bei unrichtiger Höhenlage der Oberfläche des Untergrundes im Verhältnis zur Höhenlage der anschließenden Bauteile und bei größeren Unebenheiten des Untergrundes als nach DIN 18 202 zulässig. Der Unternehmer muss sich also – aus technischer Sicht – im Rahmen der Arbeitsvorbereitung einen Überblick über die maßliche Situation des Untergrundes für seine Bodenbelags- bzw. Parkettarbeiten verschaffen. Dies umfasst die Höhenlage der Fläche und den Verlauf der Fläche innerhalb der Ränder.

Die Prüfung erfolgt zweckmäßigerweise mittels Höhennivellement der Eckpunkte. Als Messgerät hierfür sind ein baustellenübliches Nivelliergerät oder ein Rotationslaser zu verwenden. Schlauchwaagen sollten nur dann verwendet werden, wenn eine vergleichbare Messgenauigkeit erzielt werden kann. Die Messunsicherheit sollte kleiner als ca. ein Zehntel der zu messenden Größe sein, also in der Größenordnung von ca. 0,5 bis 1 mm liegen. Richtlatten sind für die Prüfung der Winkelabweichung nicht geeignet, weil die Richtlatte in der Regel nicht die gleiche Länge wie der zu prüfende Flächenrand hat.
 
Schnittstellen mit Anschlusshöhen
Bodenflächen müssen an Schnittstellen mit Anschlusshöhen, insbesondere Türdurchgängen, eine besondere Genauigkeit unter dem Aspekt der Passung am Übergang zu anderen Gewerken, z. B. Türschwellen, angrenzenden Bodenflächen etc. aufweisen. Für die Schnittstelle werden unter dem Aspekt der notwendigen Funktion (z. B. dem Dichtschluss eines unteren Türblattabschlusses) häufig höhere Genauigkeiten erforderlich, als mit den Zahlenwerten in DIN 18 202: 2005-10 vorgesehen. Diese höheren Genauigkeiten sind für den Einzelfall zu definieren, für die Ausführung vorzugeben und zusätzlich zu den Anforderungen nach DIN 18 202 einzuhalten. So ist beispielsweise eine Inanspruchnahme der zulässigen Winkelabweichungen und Ebenheitsabweichungen am Rand einer Bodenfläche im Bereich eines Türdurchgangs häufig nicht mit der Forderung nach einem gleichmäßigen unteren Luftspalt des Türabschlusses verträglich. Für die Ausführung eines Bodenbelages bedeutet dies, dass zunächst die Bodenhöhe am Türdurchgang mit der dort erforderlichen Genauigkeit herzustellen ist und anschließend die Bodenfläche unter Einhaltung der Maßtoleranzen nach DIN 18 202 von dem Türdurchgang ausgehend herzustellen ist.
 
Die vorgenannten Ausführungen beziehen sich nur auf die Winkelabweichung einer Bodenebene/Bodenfläche unabhängig von deren absoluter Lage im Raum.
 
Sofern eine neu herzustellende Bodenfläche auch nach einer absoluten Höhe herzustellen ist, z. B. unter Berücksichtigung eines am Bau vorgegebenen Meterrisses, sind für die Höhenlage einer Bodenebene/Bodenfläche weitergehende Anforderungen zu berücksichtigen und mit entsprechenden Messungen in der Ausführung umzusetzen.

Anforderungen nach DIN 18 202

Die Maßhaltigkeit einer Bodenfläche wird in der Systematik der DIN 18 202: 2005-10 beschrieben mit zulässigen Maßabweichungen für die Höhenlage, die Neigung und die Ebenheit. Hierbei wird jeweils eine in sich geschlossene Fläche betrachtet. Größere Flächen sind ggf. an markanten Punkten in kleinere Flächen gleichartiger Nutzung oder Funktion zu unterteilen.
 
Die Abweichung der Istlage einer Fläche von der Nennlage wird beschrieben durch
 
·      Maßabweichung von der Nennhöhe der Eckpunkte
·      die Winkelabweichung der linearen Verbindung jeweils zweier Eckpunkte an den Rändern der Fläche, bezogen auf die Horizontale (oder eine Soll-Neigung)
·      die Ebenheitsabweichung als Stichmaß für die Abweichung eines tiefsten Punktes von der linearen Verbindung zweier benachbarter Hochpunkte bzw. eines mittleren Rasterpunktes von der linearen Verbindung der beiden benachbarten und auf einer Linie befindlichen Rasterpunkte.

Die drei Arten der Maßabweichungen sind getrennt zu prüfen. Jede Maßabweichung muss innerhalb der Grenzabweichung nach DIN 18 202, Tabelle 1 , bzw. jede Winkelabweichung innerhalb der Grenzwerte für Winkelabweichungen nach DIN 18 202, Tabelle 2, bzw. jede Ebenheitsabweichung innerhalb der Grenzwerte der Ebenheitsabweichungen nach DIN 18 202, Tabelle 3, liegen. Bei Ausnutzen der Grenzabweichungen dürfen jedoch die Grenzwerte für Winkelabweichungen nicht überschritten werden bzw. bei Ausnutzen der Grenzwerte für Winkelabweichungen dürfen die Grenzabweichungen nicht überschritten werden.

Prüfung der Winkelabweichung

Bei der Prüfung von Winkelabweichungen im Aufriss werden die Messpunkte in den Randbereichen mit einem Abstand von ca. 10 cm von den Ecken angeordnet. Die Winkelabweichung wird durch Vergleich der linearen Verbindung zweier Messpunkte mit der Nennlage ermittelt und damit nur über die gesamte Bauteillänge (bzw. den gesamten Flächenrand) und nicht über Teillängen oder in Raummitte geprüft. Bei Bodenflächen ist die Nennlage in der Regel die Horizontale oder eine Ebene mit einem Sollgefälle.

Die Messpunkte sollen in einem Abstand von ca. 10 cm von den Ecken bzw. den Flächerändern des zu messenden Bauteils liegen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass singuläre Maßabweichungen am Rand des Bauteils, die nicht charakteristisch für die Maßhaltigkeit des gesamten Bauteils bzw. des zu prüfenden Maßes sind, das Messergebnis nicht beeinflussen. Liegt eine singuläre Maßabweichung im Rand- bzw. Eckbereich des Bauteils nicht vor und wird das Messergebnis hierdurch nicht verfälscht, so kann von dem angegebenen Abstand von ca. 10 cm abgewichen werden.

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